Die besten Ideen kommen nachts um eins oder um zwei – inspiriert von einem oder zwei Gläsern Rotwein und den großen und kleinen Eindrücken des Tages. Passend dazu läuft ‚somewhere in between‘ in der auf Zufall eingestellten ‚ambient chill‘- playlist auf Spotify…
Als Mutter in Elternzeit nehme ich die Welt um mich herum noch intensiver wahr und mein Blick nimmt einmal mehr das Besondere wahr. Dazu zählen die wunderbaren Streetarts in Hamburg, vor allem Sticker wie dieses Beitragsbild, die mich immer wieder aufs Neue zum Nachdenken bringen oder die vielen wunderbaren Straßenmusiker, die den Alltag so sehr bereichern– Kleinkunst im wahrsten Sinne des Wortes!
Nun kommen wir aber auf das Dilemma der Eule zu sprechen: Meine kreativen Höhepunkte sind meist mit Dunkelheit, schöner Musik, Ruhe oder Rotwein verbunden. Alles Attribute, die mit einem Baby eher selten sind. Trotzdem brauche ich sie. Sie gleichen meinen Muttialltag und mich selbst aus. Gleichzeitig führt es zu einer gewissen Gereiztheit am Tage, wenn es wieder mal nicht mehr als sechs Stunden Schlaf gab. Trotzdem gönne ich mir gerade in der Elternzeit diesen ‚Luxus‘. Das Dilemma besteht schließlich darin, sich zwischen dem, was man möchte und sich irgendwie automatisch ergibt und dem, was die eigene Vernunft sagt, entscheiden muss. Beides hat seine Berechtigung und führt in der Ereigniskette zu angenehmen wie unangenehmen Ergebnissen.
Mit einer ausgeprägten Eule ist in diesem Fall natürlich der so bezeichnete Chronotyp gemeint; der Spätaufaufsteher, der eher nachtaktiv ist und morgens meist schlecht drauf ist. Dessen Gegenpol ist die Lerche, der Frühaufsteher. In meiner Gesellschaft gilt das zweite als erfolgreich und produktiv, weshalb der Alltag danach ausgerichtet ist. Kinder sind meist auch Lerchen, was mit Eulen-Eltern durchaus kollidieren kann. So oder so, werden auch die Kleinsten schon früh an den produktiven Alltag gewöhnt: Kita-Beginn ist meist spätestens im neun Uhr morgens, damit die Mutti rechtzeitig bei der Arbeit sein kann. Das bedeutet meist sieben Uhr aufstehen. Kinder, die zuvor bis acht oder neun geschlafen haben, müssen sich umgewöhnen und die Eulen-Eltern leiden nun noch mehr als zuvor.
Wieso sind flexible Arbeitszeiten in der modernen digitalen Gesellschaft bisher so wenig respektiert? In globalen Unternehmen wird aufgrund der Zeitverschiebungen eine Einsatzbereitschaft von nahezu 24 Stunden erwartet. Wieso sollen davon gleichzeitig täglich ab morgens um neun rund acht Stunden in einem Büro verbracht werden? Haben die Menschen berechtigterweise zu wenig Vertrauen in einander- nicht zuletzt, weil viele Arbeitnehmer ihrem Beruf nur nachgehen, um Geld zu verdienen, das sie wieder ausgeben, weil sie sich für die viele Arbeit belohnen möchten?
Unser Leben und Wesen wird stark durch das soziale Umfeld beeinflusst – wie soll man da noch zuverlässig seine Stärken und Schwächen erkennen und nutzen können? Ist dies überhaupt nötig oder gilt es vor allem, die Gesellschaft erfolgreich zu steuern? Viele Fragen, die sich mir nachts um eins stellen, auf die ich aber noch keine Antwort habe. Wie sagte aber der Philosoph Richard David Precht: ‚Es gibt auf alles eine Antwort. Aber auf die richtig großen und richtig wichtigen und richtig spannenden Fragen des Lebens keine eindeutige.‘ Vielleicht, um die gesellschaftliche Entwicklung in alle Richtungen offen zu halten…